BEHIND THE FACE

Die Pressestelle des BVND hat nachgefragt
bei Herrn Dr. Tobias Wiesner
kooptiertes Vorstandsmitglied BVND
Vorstandsmitglied DDG


Hallo, Herr Dr. Wiesner, mit diesem Interview möchten wir Sie als Person in den Fokus rücken. Damit wir und alle BVND Mitglieder einen Eindruck von Ihnen als Diabetologe, als BVND und DDG Aktiver und als Mensch bekommen, haben wir ein paar Fragen an Sie:

1. Sie sind Mitglied beim BVND und seit letztem Jahr kooptiertes Vorstandsmitglied. Was interessiert Sie daran? Wie ist das für Sie?
Wir brauchen einen starken Berufsverband. Wir Diabetologen wirken nach außen hin sehr homogen. In der Realität sieht es aber ganz anders aus: da gibt es Hausärzte, die diabetologisch tätig sind, diabetologische-internistische Fachärzte, Schwerpunktpraxen in gemischten Strukturen, pädiatrisch tätige Kollegen, Endokrinologen etc. Allen ist aber eines gemeinsam – wir Diabetologen handeln im Auftrag einer modernen, patientenzentrierten diabetologischen Versorgung. Und wir als BVND vertreten die niedergelassenen Diabetologen. Wir müssen notwendige Dinge für alle und geeint auf den Weg bringen.

2. Welche Synergien kann es bei Kooperationen von DDG und BVND geben?
Synergien beider Verbände sind so wichtig wie nie. Wir erleben im Augenblick starke politische Veränderungen. Ich denke dabei u.a. an die Krankenhausreform und die damit verbundene geplante Öffnung der Sektoren. Wir müssen die ambulante wie auch stationäre Diabetologie miteinander und nicht gegeneinander gestalten.

3. Sie waren zusammen mit Claus Scheper, Antje Weichard und Ralf-Uwe Häußler im März beim parlamentarischen Abend der DDG in Berlin. Auf diesem Podium forderten Sie, dass Vertragsärzte bei der Krankenhausreform eingebunden werden müssen. Warum ist dies für Sie so ein wichtiger Punkt?
Es geht dabei um die Grundstruktur der Diabetologie. Wir niedergelassenen Diabetologen sind hervorragend aufgestellt und somit in der Lage chronische Erkrankung wie den Diabetes mellitus ambulant optimal zu versorgen. Diabetes ist im Krankenhaus oft „nur“ ein Nebenbefund. Dementsprechend sind viele Krankenhäuser ohne diabetologische Kompetenz, auch weil es wirtschaftlich unattraktiv war, diese diabetologische Kompetenz vorzuhalten. Darüber hinaus ist bei der geplanten Krankenhausreform derzeit kein ambulant tätiger Kollege bislang eingebunden…

4. Weitere Punkte an diesem Abend waren das Thema Qualität und ich nenne mal das Stichwort „Nurse Doctors“. Wie ist hierzu Ihre Meinung?
Ich versuche es mal so zu formulieren: Diabetologische Schwerpunktpraxen unterliegen internen wie auch externen Qualitätskriterien – auch seitens der Fachgesellschaften. Der BVND hat z.B. in seinem Positionspapier die Qualitätsmerkmale klar definiert. Wir brauchen Qualitäten hinsichtlich Technologien, Ausstattung bis hin zur Fachkompetenz Fuß, Gestationsdiabetes etc.. Beim Thema „Nurse Doctors“ kann ich nur sagen, wir haben ein etabliertes System von beratenden Mitarbeitern, die unsere ärztliche Tätigkeit unterstützen. Und bevor man in die Richtung „Nurse Doctors“ weiterdenkt, müssen auch die rechtlichen Rahmenbedingungen vorab geklärt sein

5. Was ist in Ihren Augen wichtig für die Zukunft der Diabetologie?
Dass das, was wir bisher geschaffen haben, nicht durch neue Versorgungstrukturen aufgeweicht wird – z.B. denke ich da an das Wundmanagement. Wir behandeln sowohl akute Fälle wie auch chronische Erkrankungen. Damit erfüllen wir eine wichtige Aufgabe. Das weckt Begehrlichkeiten von anderer Seite…

6. Was sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Erfindungen/Errungenschaften der letzten Jahrzehnte und warum?
Mikrochips! Mikrochips haben unser Denken, Strukturen, Abläufe, Abhängigkeiten wie auch Unabhängigkeiten verändert.

7. Mit welcher Musik verbringen Sie den Abend?
Ich bin leidenschaftlicher Barockhörer! Und sogar Mitglied der Freunde des Bach-Archivs. Somit bin ich auch ein begeisterter Bachfest-Gänger. Jedes Jahr finden zehn Tage lang Bach-Konzerte in Leipzig statt. In dieser Zeit nehme ich mir immer frei und genieße die Aufführungen. Na ja, ich habe halt auch in eine Musikerfamilie eingeheiratet…

8. Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?
»Anfänge« von dem Anthropologen David Graeber. Ein absolut lesenswertes Buch, indem die Evolution neu betrachtet wird. Inzwischen habe ich das nächste Buch von diesem Autoren angefangen – bzw. zumindest die erste Seite gelesen: Bullshit-Jobs.

Anmerkung der Redaktion: Anfänge – Eine neue Geschichte der Menschheit, Klett-Cotta Verlag, ISBN: 978-3-608-98508-5 (Mitautor: Archäologe David Wengrow)
Bullshit Job – Vom wahren Sinn der Arbeit, Klett-Cotta Verlag,
ISBN: 978-3-608-98108-7

9. Was macht Ihnen Spaß?
Kochen! Zwar sagt mir meine „Über-Ich-Komponente“ immer wieder „Treibe Sport!“, aber Kochen macht mir einfach viel mehr Spaß. Ich kann so gut abschalten und entspannen, wenn ich in der Küche stehe und das Essen zubereite. Und es bereitet mir Freude, neue Rezepte zu kreieren. Anschließend wird meine Familie zum Verzehr genötigt. Lach…ich koche schon Gerichte, die sie auch mögen.

10. Was lässt Sie für die Zukunft hoffen?
Ich habe eine Tochter im Alter von 18 Jahren. Sie ist jung, wach, kritisch und stellt kluge Fragen. Ich erlebe das auch immer wieder bei Medizin-Studenten, die Dinge kritisch erfragen. Die Aufgabe der Jungend ist alte Zöpfe abzuschneiden.
Ich finde, auf alte Fragen darf es auch neue Antworten geben und neue Fragen nicht mit Althergebrachten beantwortet werden.


Herr Dr. Wiesner, ich danke Ihnen, dass wir einen kleinen Einblick in Ihr Denken und Leben bekommen durften - es hat Spaß gemacht! Wir wünschen Ihnen weiterhin Freude am Tun und natürlich viel Erfolg – im Sinne des BVND und der Diabetologie.

Das Interview führte
Michaela Wilde
Pressereferentin BVND