INTERVIEWS mit BVND Akteuren
Mit unseren Interviews möchten wir Diabetologen, die sich innerhalb des BVND engagieren, vorstellen.
Dies soll einen Weg für neue, offene Dialoge darstellen und den Bezug zum Verband und den Menschen dahinter stärken.

BEHIND THE FACE

Facharzt für Innere Medizin, Endokrinologe, Diabetologe, Hausarzt
Seit 2008 arbeitet Dr. Wiesner als Internist
mit dem Schwerpunkt Diabetologie
am MVZ Stoffwechselmedizin
Mitglied BVND, Vorstand DDG
Die Pressestelle des BVND hat nachgefragt
bei Herrn Dr. Tobias Wiesner
kooptiertes Vorstandsmitglied BVND
Vorstandsmitglied DDG
Hallo, Herr Dr. Wiesner, mit diesem Interview möchten wir Sie als Person in den Fokus rücken. Damit wir und alle BVND Mitglieder einen Eindruck von Ihnen als Diabetologe, als BVND und DDG Aktiver und als Mensch bekommen, haben wir ein paar Fragen an Sie:
1. Sie sind Mitglied beim BVND und seit letztem Jahr kooptiertes Vorstandsmitglied. Was interessiert Sie daran? Wie ist das für Sie?
Wir brauchen einen starken Berufsverband. Wir Diabetologen wirken nach außen hin sehr homogen. In der Realität sieht es aber ganz anders aus: da gibt es Hausärzte, die diabetologisch tätig sind, diabetologische-internistische Fachärzte, Schwerpunktpraxen in gemischten Strukturen, pädiatrisch tätige Kollegen, Endokrinologen etc. Allen ist aber eines gemeinsam – wir Diabetologen handeln im Auftrag einer modernen, patientenzentrierten diabetologischen Versorgung. Und wir als BVND vertreten die niedergelassenen Diabetologen. Wir müssen notwendige Dinge für alle und geeint auf den Weg bringen.
2. Welche Synergien kann es bei Kooperationen von DDG und BVND geben?
Synergien beider Verbände sind so wichtig wie nie. Wir erleben im Augenblick starke politische Veränderungen. Ich denke dabei u.a. an die Krankenhausreform und die damit verbundene geplante Öffnung der Sektoren. Wir müssen die ambulante wie auch stationäre Diabetologie miteinander und nicht gegeneinander gestalten.
3. Sie waren zusammen mit Claus Scheper, Antje Weichard und Ralf-Uwe Häußler im März beim parlamentarischen Abend der DDG in Berlin. Auf diesem Podium forderten Sie, dass Vertragsärzte bei der Krankenhausreform eingebunden werden müssen. Warum ist dies für Sie so ein wichtiger Punkt?
Es geht dabei um die Grundstruktur der Diabetologie. Wir niedergelassenen Diabetologen sind hervorragend aufgestellt und somit in der Lage chronische Erkrankung wie den Diabetes mellitus ambulant optimal zu versorgen. Diabetes ist im Krankenhaus oft „nur“ ein Nebenbefund. Dementsprechend sind viele Krankenhäuser ohne diabetologische Kompetenz, auch weil es wirtschaftlich unattraktiv war, diese diabetologische Kompetenz vorzuhalten. Darüber hinaus ist bei der geplanten Krankenhausreform derzeit kein ambulant tätiger Kollege bislang eingebunden…
4. Weitere Punkte an diesem Abend waren das Thema Qualität und ich nenne mal das Stichwort „Nurse Doctors“. Wie ist hierzu Ihre Meinung?
Ich versuche es mal so zu formulieren: Diabetologische Schwerpunktpraxen unterliegen internen wie auch externen Qualitätskriterien – auch seitens der Fachgesellschaften. Der BVND hat z.B. in seinem Positionspapier die Qualitätsmerkmale klar definiert. Wir brauchen Qualitäten hinsichtlich Technologien, Ausstattung bis hin zur Fachkompetenz Fuß, Gestationsdiabetes etc.. Beim Thema „Nurse Doctors“ kann ich nur sagen, wir haben ein etabliertes System von beratenden Mitarbeitern, die unsere ärztliche Tätigkeit unterstützen. Und bevor man in die Richtung „Nurse Doctors“ weiterdenkt, müssen auch die rechtlichen Rahmenbedingungen vorab geklärt sein
5. Was ist in Ihren Augen wichtig für die Zukunft der Diabetologie?
Dass das, was wir bisher geschaffen haben, nicht durch neue Versorgungstrukturen aufgeweicht wird – z.B. denke ich da an das Wundmanagement. Wir behandeln sowohl akute Fälle wie auch chronische Erkrankungen. Damit erfüllen wir eine wichtige Aufgabe. Das weckt Begehrlichkeiten von anderer Seite…
6. Was sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Erfindungen/Errungenschaften der letzten Jahrzehnte und warum?
Mikrochips! Mikrochips haben unser Denken, Strukturen, Abläufe, Abhängigkeiten wie auch Unabhängigkeiten verändert.
7. Mit welcher Musik verbringen Sie den Abend?
Ich bin leidenschaftlicher Barockhörer! Und sogar Mitglied der Freunde des Bach-Archivs. Somit bin ich auch ein begeisterter Bachfest-Gänger. Jedes Jahr finden zehn Tage lang Bach-Konzerte in Leipzig statt. In dieser Zeit nehme ich mir immer frei und genieße die Aufführungen. Na ja, ich habe halt auch in eine Musikerfamilie eingeheiratet…
8. Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?
»Anfänge« von dem Anthropologen David Graeber. Ein absolut lesenswertes Buch, indem die Evolution neu betrachtet wird. Inzwischen habe ich das nächste Buch von diesem Autoren angefangen – bzw. zumindest die erste Seite gelesen: Bullshit-Jobs.
Anmerkung der Redaktion: Anfänge – Eine neue Geschichte der Menschheit, Klett-Cotta Verlag, ISBN: 978-3-608-98508-5 (Mitautor: Archäologe David Wengrow)
Bullshit Job – Vom wahren Sinn der Arbeit, Klett-Cotta Verlag,
ISBN: 978-3-608-98108-7
9. Was macht Ihnen Spaß?
Kochen! Zwar sagt mir meine „Über-Ich-Komponente“ immer wieder „Treibe Sport!“, aber Kochen macht mir einfach viel mehr Spaß. Ich kann so gut abschalten und entspannen, wenn ich in der Küche stehe und das Essen zubereite. Und es bereitet mir Freude, neue Rezepte zu kreieren. Anschließend wird meine Familie zum Verzehr genötigt. Lach…ich koche schon Gerichte, die sie auch mögen.
10. Was lässt Sie für die Zukunft hoffen?
Ich habe eine Tochter im Alter von 18 Jahren. Sie ist jung, wach, kritisch und stellt kluge Fragen. Ich erlebe das auch immer wieder bei Medizin-Studenten, die Dinge kritisch erfragen. Die Aufgabe der Jungend ist alte Zöpfe abzuschneiden.
Ich finde, auf alte Fragen darf es auch neue Antworten geben und neue Fragen nicht mit Althergebrachten beantwortet werden.
Herr Dr. Wiesner, ich danke Ihnen, dass wir einen kleinen Einblick in Ihr Denken und Leben bekommen durften - es hat Spaß gemacht! Wir wünschen Ihnen weiterhin Freude am Tun und natürlich viel Erfolg – im Sinne des BVND und der Diabetologie.
Das Interview führte
Michaela Wilde
Pressereferentin BVND
BEHIND THE FACE

Facharzt für Innere Medizin, Diabetologe DDG,
Verkehrsmediziner, Ernährungsmediziner, Knappschaftsarzt
Ambulantes Diabeteszentrum Essen Nord, Nordrhein-Westfalen
Mitglied BVND, DDG
Die BVND Pressestelle hat nachgefragt
bei Herrn Dr. Tobias Ohde
Mitglied BVND
Pressestelle: Seit wann sind Sie niedergelassen?
Tobias Ohde: Seit 11 Jahren führe ich das ambulante Diabeteszentrum in Essen Nord
Pressestelle: Warum und seit wann sind Sie Mitglied beim BVND und wie lange bereits bei der DDG?
Tobias Ohde: Mit meiner Niederlassung bin ich direkt beim BVND, DDG, Bdfm sowie lokalem Diabetesverband Mitglied geworden. Ich kam ja von der Klinik zur Schwerpunktpraxis, fragte damals Kollegen, was in Sachen Fort- und Weiterbildungen, Beitritten, Mitgliedschaften etc. sinnvoll bzw. wichtig ist und entschied mich dann auf Anraten gleich für mehrere Verbände. Warum? Weil es die einzige Möglichkeit ist, durch Vernetzung als Diabetologe vernünftige diabetologische Arbeit leisten zu können und immer am Puls der Zeit zu sein.
Pressestelle: Wie empfinden Sie die Arbeit des BVND im Vergleich zur DDG?
Tobias Ohde: Der BVND ist von praktischer Natur und die DDG ist der Leitliniengeber, der Input liefert. Es sollte mehr Gleichgewicht geben, beide Verbände müssen noch stärker gemeinsam die Politik beeinflussen. Zusammen das Sprachrohr im Namen der Patienten sein und dabei auch die Rahmenerkrankungen in den Vordergrund stellen.
Diabetologie, BVND, die Mitglieder – nur gemeinsam haben wir eine starke Kraft. Wir sollten mit Visionen, Mut, gemeinsamen Konzepten, versehen mit einer gewissen Bodenständigkeit, auftreten - gerade bei einer übersättigten Gesellschaft – ich hätte Spaß daran!
Die Diabetologie befindet sich im Umbruch, daraus ergeben sich viele Chancen. Wir können zusammen – wichtig dabei, auch Bundesländerübergreifend – was bewegen. Mein Herzenswunsch ist eine klare Stimme für eine antwortlose Politik.
Pressestelle: Sie sind ja gerade sehr engagiert beim Thema 15. Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis und haben sich mit einem Schreiben diesbezüglich an Herr Dr. Wissing (Bundesminister für Digitales und Verkehr) gewandt. Warum ist Ihnen diese Thematik so wichtig?
Tobias Ohde: Hier wird das Geschäft mit der Angst betrieben. Es fehlt das Maß für die Frage „wer ist gefährdet und in welcher Art und Weise?“. Es wurde übers Ziel hinausgeschossen. Ich bin kein Freund von Drohgebärden, sondern glaube an die Kraft der Motivation. Zudem finde ich die Erhaltung von Arbeitsplätzen und eine Gleichberechtigung wichtig. Menschen mit Diabetes dürfen nicht durch bürokratisches Handeln behindert werden. Ganz im Gegenteil, für diese Menschen müssen Freiräume geschaffen werden, damit sie selbstverantwortungsvoll handeln können. Wir brauchen keine behördlichen Schubladen, die Existenzen zerstören und das Gesamtsystem belasten.
Übrigens haben wir das innerhalb einer Woche zu Wege gebracht. Fünf, sechs Leute, die sich ebenfalls für dieses Thema interessieren – so einfach kann es gehen… Wir Ärzte müssen die Fürsprecher und auch Wegbegleiter für unsere Patienten und deren Gesundheit sein. Im Umkehrschluss müssen Patienten aber auch mitmachen.
Pressestelle: Was wünschen Sie sich diesbezüglich von der Politik?
Tobias Ohde: Z.B. eine Zuckersteuer wie bei der Tabakindustrie - sprich eine Art Gesundheits-Risiko-Steuer auf Zucker bzw. zuckerhaltige Produkte. Wir müssen unbedingt die Prävention forcieren.
Pressestelle: Was möchten Sie berufspolitisch noch bewirken? Wie soll es weitergehen?
Tobias Ohde: Vernetzung – auch in digitaler Hinsicht.
Abbau von Doppelstrukturen, effiziente Screeningparameter. Sowie die Stärkung der Gesundheitskompetenz jedes Einzelnen.
Pressestelle: Wagen wir einen Blick in die Zukunft: Was sehen Sie?
Tobias Ohde: Viel Arbeit
Pressestelle: Lach – haben Sie auch was positives?
Tobias Ohde: Ist nicht negativ, ist positiv…!
Das Interview führte
Michaela Wilde
Pressereferentin BVND
BEHIND THE FACE

Fachärztin für Innere Medizin, Diabetologie,
Notfallmedizin, Ernährungsmedizinerin DGEM/DAEM
Internistin, Diabetologin DDG,
spez. Diabetologie der LÄK
Fachinternisten Aschaffenburg, Bayern
BVND Mitglied
Die BVND Pressestelle hat nachgefragt
bei Frau Dr. Inga-Nadine Kummer
Mitglied BVND
Pressestelle: Seit wann haben Sie Ihre Praxis?
Inga Kummer Ich habe mich am 01.07.2021 mit der Übernahme einer diabetologischen Schwerpunktpraxis in Aschaffenburg niedergelassen.
Pressestelle: Das ist ja noch nicht allzu lange her. Wie fühlt sich das für Sie an? Wie war der Anfang?
Inga Kummer: Es ist schon eine Herausforderung. Ich habe eine sehr große, etablierte Praxis übernommen. Bei der ich zuvor als angestellte Ärztin gearbeitet habe. Die medizinischen Herausforderungen meistere ich, das habe ich gelernt. Was ich mir aber viel leichter vorgestellt habe, ist die Organisation und vor allem die Bürokratie. Überhaupt wird das sich selbständig machen so gar nicht attraktiv gestaltet. Es kommt wenig Unterstützung von übergeordneten Strukturen. Ich habe es mir sehr gründlich und lange überlegt und dann doch diesen Schritt gewagt.
Pressestelle: Das wäre doch ein Thema für die zukünftige BVND Akademie. Das ist die optimale Plattform für genau solche Themen. Was meinen Sie?
Inga Kummer: Das wäre wirklich sehr sinnvoll. Die Übernahme von Praxen durch unseren Nachwuchs muss deutlich attraktiver werden.
Zudem brauchen wir gute Strukturen in den Teams unserer Schwerpunktpraxen. Unser Personal muss hoch spezialisiert sein, mit einem maßgeschneiderten Weiterbildungsprogramm. In den diabetologischen Schwerpunktpraxen sollte ein hohes Niveau standardmäßig etabliert werden. Bereits bestehende Fortbildungsformate müssen in Stein gemeißelt werden bzw. weiterentwickelt. Ich denke da z.B. an die DFA.
Pressestelle: Warum und seit wann sind Sie Mitglied beim BVND?
Inga Kummer: Direkt nach der Übernahme der Praxis bin ich eingetreten. Der BVND ist ganz wichtig für unseren Berufsstand. Ein breites, einflussreiches Organ. Unsere Arbeit muss konkretisiert werden, bei leistungsgerechter Vergütung. Ein riesiges Thema ist zudem die Nachwuchsförderung, da viele ältere Kollegen in den nächsten Jahren – Stichwort Baby-Boomer-Generation – aufhören werden. Gleichzeitig entwickelt sich Diabetes mellitus zu einer regelrechten Pandemie. Dieser gegenläufigen Entwicklung gilt es entgegenzuwirken. Und zwar in jeglicher Richtung: Prävention zum einen und Nachwuchsförderung zum anderen. Darin sehe ich eine der essenziellen Aufgaben des BVND.
Pressestelle: Sie waren jetzt öfters bei den BVND Vorstandsitzungen zu Gast. Wie ist das für Sie?
Inga Kummer: Sehr bereichernd! So konnte ich den jetzigen Vorstand kennenlernen und ein tiefes Verständnis für die Arbeit des BVND gewinnen.
Pressestelle: Was sollte aus Ihrer Sicht bei der Versorgungslage in der Diabetologie zukünftig bedacht werden?
Inga Kummer: Ganz groß am Herzen liegen mir in der Tat so einige Themen. Unsere Medizin ist stark geprägt von Gesprächen. Die gesprächsdominierte Medizin muss in der Budgetierung besser aufgezeigt werden. Vergütungsstrukturen, Schulungsvergütungen, ambulante Vergütung neu gedacht. Genauso wie bei den Füßen bessere Versorgungsstrukturen notwendig sind. Patienten mit einem Diabetes können ambulant dank gut ausgebildetem Personal und uns niedergelassenen Diabetologen adäquat versorgt werden, was allerdings immer sehr zeitaufwendig ist. In den Krankenhäusern wird heutzutage ein Diabetes oft gar nicht mehr erkannt, da es an Expertise fehlt.
Pressestelle: Inwiefern möchten Sie sich berufspolitisch engagieren?
Inga Kummer: Wie gesagt, ich habe die Arbeit des BNVD-Vorstands kennengelernt und würde da gerne mitwirken, mitgestalten und auch neue praktische Impulse einbringen.
Pressestelle: Ihr Blick in die Zukunft: positiv oder pessimistisch?
Inga Kummer: Bei mir ist das Glas grundsätzlich halb voll. Ich denke wahnsinnig positiv, was mich sehr motiviert. Ich bin gut gestimmt, das gibt viel Kraft. Ich blicke positiv in die Zukunft.
Das Interview führte
Michaela Wilde
Pressereferentin BVND
BEHIND THE FACE

Diabetologin DDG, spez. Diabetologie der LÄK, Gastroenterologin, Sportmedizinerin,
Diabetologische Schwerpunktpraxis in Senden, Westfalen-Lippe
BVND Mitglied,
Schatzmeisterin im Vorstand BdSWL,
Die BVND Pressestelle hat nachgefragt
bei Silke Fröhlich
Mitglied BVND, Schatzmeisterin BdSWL
Pressestelle: Seit wann haben Sie Ihre Praxis?
Inga Kummer Ich habe mich am 01.07.2021 mit der Übernahme einer diabetologischen Schwerpunktpraxis in Aschaffenburg niedergelassen.
Pressestelle: Seit wann betreiben Sie Ihre Praxis?
Silke Fröhlich: 2007 bin ich zunächst mit Herrn Harder als Gemeinschaftspraxis in Senden gestartet und habe mich dort gut wiedergefunden. 2017 ist Herr Harder in Rente, nachdem er für die Praxis in unserer Filiale am Hiltruper Herz-Jesu-Krankenhaus von 2008 bis 2016 tätig gewesen ist. Und seit 2017 bin ich allein in der Praxis.
Pressestelle: Seit wann und warum sind Sie Mitglied beim BVND?
Silke Fröhlich: Hmmm… beim BVND bin ich bestimmt schon seit sieben bis acht Jahren. Ich finde, die machen einen guten Job. Ein Verband ist nötig, damit man eine Stimme hat. Außerdem hatte ich bereits recht früh einen guten Kontakt zur Vorstandsebene des BVND – den ich auch heute noch habe.
Pressestelle: Sie sind beim BdSWL Schatzmeisterin. Wie lange begleiten Sie dieses Amt und was reizt Sie daran?
Silke Fröhlich: Ich habe mich ja vor 16 Jahren niedergelassen, bin zwei Jahre später zum BdSWL und habe von Anfang an das Amt der Schatzmeisterin übernommen. Wir konnten inzwischen auch einiges erreichen, wie z.B. der Strukturvertrag Füße oder der DMP-Vertrag. Mich reizt die berufspolitische Arbeit sowie die Gespräche mit unseren KVn, dass wir hier etwas verändern können. Wir müssen gegenüber den Kassen Paroli bieten, auch Druck ausüben. Wir dürfen nicht still sein, sondern müssen aufstehen – aber natürlich alles mit Verstand und viel Fingerspitzengefühl. Diese Arbeit finde ich interessant.
Pressestelle: Worin liegen Ihrer Meinung nach die Vorteile, dass der BVND zum Dachverband wird?
Silke Fröhlich: Als Dachverband kann der BVND anders auftreten. In Absprache mit den Ländern sind wir eine Gruppe mit viel Power, die eine Stimme hat und wirklich was bewegen kann. Übrigens halte ich die Arbeit von Ralf-Uwe Häußler für sehr wichtig und hilfreich.
Pressestelle: Inwiefern möchten Sie sich beim BVND zukünftig engagieren?
Silke Fröhlich: Ich möchte gerne mitsprechen. Beim BVND unseren Landesverband Westfalen-Lippe vertreten. Ich will etwas verändern, Dinge zum Positiven bringen – vielleicht kann ich das ganz gut… Nach einem Qualitätszirkel saß ich bei der Heimfahrt im Auto und dachte mir „warum soll ich das nicht machen?“ Zumal meine drei Jungs inzwischen aus dem Haus sind und ich mich einer neuen Aufgabe voll und ganz widmen kann und auch Lust darauf habe.
Pressestelle: In welche Richtung sollte sich die Diabetologie Ihrer Ansicht nach entwickeln?
Silke Fröhlich: Wir sollten endlich einen Facharztstatus bekommen. Und für alle neuen Systeme, die auf den Markt kommen, sollten für uns wie auch für unsere diabetologische Assistenz gut abgebildet sein und vor allem auch honoriert werden. Man darf nicht vergessen, dass unsere Arbeit viel Sprechtherapie ist – nur wenn wir einen Patienten richtig kennenlernen, können wir die passende Therapieschritte einläuten. Außerdem muss unser Krankensystem endlich komplett reformiert werden. Aber zurück zur Diabetologie: dass es zukünftig einen Strukturvertrag in allen KVn bezüglich Diabetes gibt. Der vielleicht zusammen mit den einzelnen Landesverbänden vereinfacht und verbessert bzw. an die Strukturen der jeweiligen KVn angepasst wird. Auch dass die ambulant versorgenden Praxen von der Politik gesehen werden, nicht nur die Krankenhäuser.
Pressestelle: Was lässt Sie für die Zukunft hoffen?
Silke Fröhlich: Dass der BVND schon heute - z.B. beim Bundesausschuss – ein Votum hat. Und es gut und wichtig ist, wenn der BVND ein Dachverband wird und so seine Stimme noch lauter erheben kann...
Das Interview führte
Michaela Wilde
Pressereferentin BVND
BEHIND THE FACE

Facharzt für Diabetologie
Facharzt für Allgemeinmedizin
Praxisgemeinschaft Dr. Scheper, Schneider, Veit GbR
Vorstandsmitglied BVND
Die BVND Pressestelle hat nachgefragt
bei Herrn Dr. Nikolaus Scheper
Vorstandsvorsitzender BVND
1. Warum sind Sie Mitglied im BVND?
Das ist doch die einzige Möglichkeit, für unsere Profession einzustehen und Position im Sinne der niedergelassenen Diabetologen zu beziehen. Denn nur zusammen sind wir stark! Getreu dem Motto: Wenn es allen gut geht, geht es auch mir gut.
2. Was macht Ihnen bei Ihrer BVND Vorstandsarbeit Freude?
Die Einflussnahme auf Prozesse und Strukturen innerhalb der deutschen Diabetologie. Sowie das Arbeiten im Team.
3. Welche persönlichen Ziele haben Sie als Vorstandsvorsitzender?
Den BVND innerhalb der deutschen Diabetologie- und Medizinszene zu etablieren und für adäquate Außendarstellung unseres Verbandes zu sorgen. Außerdem müssen die Doppelstrukturen innerhalb des BVND und der deutschen Diabetologie abgeschafft werden.
4. Was sind die Problempunkte innerhalb der Diabetologie und was ist zu tun, um diese zu lösen?
Aus Sicht der niedergelassenen Diabetologen und des BVND ist eins der größten Probleme der fehlende Nachwuchs. Die Lösung ist schwierig. Wir müssen attraktive Angebote machen um Jungärzte, Medizinstudenten etc. für unserer Fachgebiet zu begeistern. Zudem braucht der BVND den Schulterschluss zu den Fachgesellschaften. Wir müssen im Kontext mit DDG, SpiFa etc. stehen, mit dem Ziel der Sichtbarmachung des BVND und der gemeinsamen Arbeit auf Augenhöhe.
5. Wo sehen Sie die Diabetologie in zehn Jahren?
Niedergelassene Diabetologen werden als zweite Versorgungsebene unverzichtbar sein bei vermutlich 10 Mio. Menschen mit Diabetes. Ohne uns und unsere Fachkompetenz wird es nicht gehen.
6. Was sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Erfindungen/Errungenschaften der letzten Jahrzehnte?
Mit meinen 30 Jahren Praxiserfahrung ist für mich die Innovation Nr. eins die 24h-Blutdruckmessung gefolgt von meiner Nr. zwei dem kontinuierlichen Glukosesystem. Und ansonsten das Smartphone, das Fluch und Segen gleichermaßen ist…
7. Und nun etwas persönlicher: Mit welcher Musik verbringen Sie den Abend?
Sie werden es nicht glauben, aber ich höre wahnsinnig gerne Hardrock und Bands wie „The Who“, „Led Zeppelin“, „Deep Purple“. „Jethro Tull“ und „Genesis“ waren meine Jugendhelden. Und als Kontrast genieße ich Sinfonien von Brahms, Bach oder Beethoven.
8.Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?
„Wenn die Schatten sterben“ – ein Krimi, der in der Schweiz spielt mit einen Rückblick in die Zeiten des Nationalsozialismus. Ich mag sehr gerne spannende Bücher mit historischem Bezug.
9. Was bereitet Ihnen besondere Freude?
Wenn der BVB gewinnt! Und natürlich zu sehen, wie meine Enkelkinder groß werden. Und meine Arbeit macht mir Spaß.
10. Was lässt Sie für die Zukunft hoffen?
Zum Teil junge Leute mit der Bereitschaft Probleme anzugehen und ihrem Engagement für aktuelle politische Themen.
Herr Dr. Scheper, herzlichen Dank für das interessante Interview! Wir wünschen Ihnen weiterhin Freude am Tun und natürlich viel Erfolg bei Ihrer Arbeit als Verbandsvorstand – im Sinne des BVND und der Diabetologie.
Das Interview führte
Michaela Wilde
Pressereferentin des BVND
BEHIND THE FACE

Internistin und Diabetologin DDG
Diabetologische Schwerpunktpraxis am Kurfürstendamm
Akademische Lehrarztpraxis der Charité
Zertifizierte Fußambulanz nach DDG
Vorstand BVND
Die BVND Pressestelle hat nachgefragt
bei Frau Dr. med. Iris Dötsch
Vorstand BVND
1. Warum sind Sie Mitglied im BVND?
Iris Dötsch: Nachdem ich 2005 in Berlin meine Niederlassung hatte, waren einer meiner ersten Schritte, mich auf die Suche nach einem Zusammenschluss von Diabetologen zu machen, der die Interessen und Rechte von niedergelassenen Diabetologen vertritt. Bei meinen Recherchen bin ich auf den BVND gestoßen. Sofort war mir klar, hier gehöre ich hin.
2. Was macht Ihnen bei Ihrer BVND Vorstandsarbeit Freude?
Iris Dötsch: Gemeinsam mit Kollegen die Existenz der Schwerpunktpraxen zu sichern und für die Zukunft zu wappnen. Genauso wie Ideen zu entwickeln, umzusetzen und eine erfolgreiche Arbeit als Ärztin zu leisten.
3. Warum sind Sie Diabetologin geworden?
Iris Dötsch: Ich wollte schon immer Internistin werden. Den Menschen aus der internistischen Sichtweise betrachten. Gerade die Diabetologie ermöglicht es, das ganze Spektrum zu erleben – wie z.B. multimorbide Patienten mit Diabetes. Mich reizt da die Herausforderung.
4. Sie sind in Berlin berufspolitisch sehr engagiert – was gibt es Neues?
Iris Dötsch: Das läuft sehr erfolgreich. Ich wurde in die Vertreterversammlung der KV Berlin gewählt. Zudem habe ich die zweitmeisten Stimmen der Hausärzt:innen bekommen und bin nun Listensprecherin der Liste: Respekt für Hausärzt:innen.
5. Diabetologinnennetzwerk Berlin – welche Idee steckt dahinter?
Iris Dötsch: Das Diabetologinnennetzwerk ist für Ärztinnen – aber auch für Frauen im medizinischen Versorgungswesen gedacht. Wir möchten, dass Frauen, die im Gesundheitswesen tätig sind, sich vernetzen. Wir bieten die Möglichkeit des Dialogs und Coachings – analog zu anderen Netzwerken. Damit möchten z.B. wir Newcomerinnen den Start erleichtern, die berufl iche Zusammenarbeit fördern oder bei Praxisübernahmen unterstützend tätig sein. Und nicht zuletzt frauenspezifi sche Fragen klären und Frauen möglichst auch in Spitzenpositionen etablieren. Um hier erfolgreich zu sein, haben wir inzwischen gute Kontakte zur Politik knüpfen können.
6. Was sind Ihrer Meinung nach, die wichtigsten Erfindungen / Errungenschaften der letzten Jahrzehnte und warum?
Iris Dötsch: Die Digitalisierung. Das warum liegt auf der Hand…
7. Und nun etwas persönlicher - mit welcher Musik verbringen Sie den Abend?
Iris Dötsch: Ich liebe Jazz, klassische Musik und vor allem französische Chansons.
8. Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?
Iris Dötsch: Wer wir sind – das Buch fand ich richtig gut. (Anmerk. d. Red.: Wer wir sind: Wie wir wahrnehmen, fühlen und lieben - Alles, was Sie über Psychologie wissen sollten, von Stefanie Stahl, im Okt. 2022 im Kailash Verlag erschienen)
9. Was macht Ihnen besonders viel Spaß?
Iris Dötsch: Natürlich Zeit mit meiner Familie zu verbringen. Und mich mit meinem Steckenpferd „französische Sprache“ zu beschäftigen: Zum einen lese ich sehr gerne französische Literatur und zum anderen bin ich gemeinsam mit Ärzten und meinem guten Freund – einem ehemaligen Schuldirektor – einmal in der Woche bei einem Lesekreis, bei dem wir Gegenwartsliteratur wie auch Klassiker studieren.
10. Was lässt Sie für die Zukunft hoffen?
Iris Dötsch: Die Neugierde verbunden mit dem Engagement, welches die junge Generation an den Tag legt. Außerdem bin ich eine grenzenlose Optimistin, die glaubt, dass es immer weitergehen wird…
Frau Dr. Dötsch, ein wirklich schönes Schlusswort. Ich bedanke mich herzlichen für das anregende Interview. Wir wünschen Ihnen weiterhin Freude am Tun und natürlich viel Erfolg im Sinne des BVND – in Berlin und natürlich über Berlins Grenzen hinaus.
Das Interview führte
Michaela Wilde
Pressereferentin des BVND
BEHIND THE FACE

Fachärztin für Allgemeinmedizin, ZB Diabetologie,
Diabetologin DDG,
Akademische Lehrpraxis des Universitätsklinikums Magdeburg,
Zertifi ziertes Diabeteszentrum DDG Magdeburg/Haldensleben,
Zertifi zierte ambulante Fußbehandlungseinrichtung DDG
Vorstand BVND
Die BVND Pressestelle hat nachgefragt
bei Frau Antje Weichard
Vorstand BVND
Liebe Frau Weichard, mit diesem Interview möchten wir Sie als Person in den Fokus rücken. Obwohl Sie sich schon seit vielen Jahren beim BVND engagieren, fragen wir uns, was Sie dazu motiviert? Sie begleiten im Vorstand den Posten der Schatzmeisterin, dann engagieren Sie sich aktiv bei der BVND Arbeitsgemeinschaft PR+Ö (Presse + Öffentlichkeit) sowie bei der Arbeitsgemeinschaft Qualität und Nachwuchs. Und Sie sind bekannt dafür, dass Sie sich sehr in Sachen Nachwuchs einsetzen.
1. Seit wann sind Sie Mitglied im BVND und wie lange sind Sie schon aktives Mitglied?
Ähmmm…aus meiner Erinnerung wurde ich 2008 oder 2009 Mitglied im BVND. Auf Bitte meiner Kollegen aus Mitteldeutschland hin, stellte ich mich 2014 zur Wahl in den Vorstand und bin bis heute im BVND Vorstand aktiv.
2. Was gefällt Ihnen an der Vorstandsarbeit bzw. an der Mitarbeit in den BVND AGs?
Irgendwie habe ich mich damals etwas blauäugig darauf eingelassen – lach – aber die Verbandsarbeit liegt mir schon sehr am Herzen. Ich versuche die Qualität der diabetologischen sowie ärztlichen Arbeit, wie ich Sie seinerzeit gelernt habe, an junge Kollegen weiterzugeben. Ich möchte die ethische, patientenbezogene, sprechende Medizin dem Nachwuchs vermitteln. Damit auch junge Diabetologen einer erfüllenden beruflichen Tätigkeit nachgehen können.
3. Was würden Sie sich von den BVND Mitgliedern wünschen?
Mehr Aktivität und Engagement. Auch mehr Feedback hinsichtlich unserer Vorstandsarbeit, damit wir als Vorstand wissen, ob wir auf dem richtigen Weg sind. Ebenso würden wir gerne mehr von den Problemen, Bedürfnissen und Sorgen der einzelnen Mitglieder erfahren. Außerdem sollte die (Arbeits-)Last nicht nur auf wenigen Schultern verteilt sein bzw. bleiben.
4. Was war eine schwierige Phase für Sie als Diabetologin?
2016 – in einer Zeit, wo meine Vorstandstätigkeit mir zeitlich bereits einiges abverlangte – verlies meine Partnerin die gemeinsame Praxis. Somit war ich gezwungen, neben meiner BVND Tätigkeit, mein berufliches Dasein noch mal auf Null zu stellen und ganz von vorne durchzustarten. So baute ich nebenher meine Praxis mit zeitweilig 3 Standorten und 3 angestellten Ärztinnen neu auf. Inzwischen hege ich den Traum, mich etwas zurückziehen zu können. Das wird aber noch eine Zeitlang ein Wunsch bleiben, und so muss ich meine Kräte noch einbringen aber auch damit haushalten.
5. Wohin soll sich die Diabetologie entwickeln?
Wir stehen dafür, auch weiterhin im ambulanten Bereich eine patientenorientierte und nicht renditeorientierte diabetologische Versorgung zu gewährleisten. Unsere Vision: uns mit dem Schwerpunkt auf eine qualitativ hochwertige, leitlinienorientierte Diabetologie zu Diabetes-Exzellenz-Zentren zu entwickeln, die alle ambulant und intersektoral autretenden Patientenprobleme lösen. Wir brauchen aber auch die Kooperation mit spezialisierten Kliniken, die komplexere Patientenprobleme stationär behandeln.
6. Was sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Erfindungen/Errungenschaften der letzten Jahrzehnte?
Angesichts des derzeit tobenden Bruderkriegs in der Ukraine halte ich es für einen unschätzbarem Glücksfall der Geschichte, dass 1989 die beiden deutschen Staaten friedlich wieder vereint wurden.
7. Und nun etwas persönlicher: Mit welcher Musik verbringen Sie den Abend?
Nur so Musik hören, mache ich selten. Aber im Auto läuft oft das Radio. Ich mag Popsongs, aber auch Sachen der 70er und 80er Jahre – einfach gute handgemachte Songs.
8. Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?
Ich lese sehr gerne, aber ehrlich gesagt, ist es schonsehr lange her, dass ich Zeit für Belletristik hatte.
9. Was macht Ihnen Spaß?
Abseits vom Job erfreue ich mich an der Natur, an Blumen und an meinem Garten. Der viel, viel schöner sein könnte (wie z.B. bei meiner Mutter), aber der Zeitmangel… Dann mag ich schönes Essen und ein gutes Glas Wein. Und ich reise sehr gerne. Nach der Wende haben wir u.a. Australien, China, Hawaii bereist und öters die USA, wo es uns besonders gefallen hat. Allerdings in den letzten beiden Jahren in Zeiten von Corona sind wir im eigenen Land geblieben.
10. Was lässt Sie für die Zukunft hoffen?
Vor dem Hintergrund der Ukraine hoffe ich auf genug Stimmen der Vernunt, die dazu beitragen, dass wir uns nicht selbst zerstören. Und ich hoffe auf ein solidarisches, friedliches Zusammenleben!
Liebe Frau Weichard, herzlichen Dank für das sehr interessante Interview. Wir wünschen Ihnen weiterhin Freude am Tun und natürlich viel Erfolg bei Ihrer Arbeit als Vorstandsmitglied
– im Sinne des BVND und der Diabetologie.
Das Interview führte
Michaela Wilde
Pressereferentin des BVND
BVND Statesment aus den Bundesländern
Der BVND im Dialog mit den Ländern:
Hier berichten Mitglieder über Aktivitäten, Erfolge, Problematiken - und beziehen Stellung.

Bericht aus BAYERN
Eine kritische Bestandsaufnahme
Diabetesbetreuung durch Diabetologen in Deutschland – GKV vs. PKV
Die Diabetologie ist durch einen stetigen Wandel und durch einen revolutionierenden Trend zur Technisierung und Digitalisierung geprägt. Seitens der GKV und PKV wird die Therapie des Diabetes mellitus allerdings unterschiedlich wahrgenommen, unterstützt und honoriert. Was es im Einzelnen damit auf sich hat und welche Konsequenzen das für die Versorgung von Menschen mit Diabetes konkret nach sich zieht
– lesen Sie hier
Dr. med. Christoph Neumann, Vorstand bndb, Mitglied BVND
Ambulante Diabetesbetreuung
In Deutschland ist ein jährlicher Anstieg der Prävalenz und Inzidenz des Diabetes mellitus zu verzeichnen. Derzeit wird geschätzt, dass insgesamt 9,2% der deutschen Bevölkerung einen Diabetes haben. Jährlich wird bei ca. 560.000 GKV-versicherten Erwachsenen ein Diabetes neu diagnostiziert (d. h. ca. 1,2 %). Die Politik hat hierauf mit dem Beschluss einer Nationalen Diabetesstrategie und der Einrichtung der Nationalen Diabetes-Surveillance beim RKI reagiert. Auch die Selbstverwaltung, konkret der G-BA, schafft im Zuge der Aktualisierung seiner DMP-Richtlinien für Therapeuten die Möglichkeit, bei Bedarf und entsprechend der individuellen Therapieziele die ärztlichen Verordnungs- und Behandlungsmaßnahmen zu modifizieren und neue digitale Technologien zur Anwendung zu bringen. Insgesamt ist die Diabetologie eine der Disziplinen, die durch einen stetigen Wandel und in den letzten Jahren durch einen revolutionierenden Trend zur Technisierung und Digitalisierung geprägt sind.
Zu Beginn der 1990er Jahre eröffneten die ersten Diabetesspezialisten in Deutschland ambulante Zentren zur Behandlung des Diabetes mellitus. In den folgenden Jahren nahm deren Anzahl bundesweit zu, parallel dazu sank die Zahl der stationären Einrichtungen zur Behandlung des Diabetes mellitus. Die stationären Einrichtungen wurden unökonomisch und bleiben in erster Linie akut-medizinischen Komplikation vorbehalten. Die kontinuierlich zunehmende Expertise der Diabetesambulanzen ermöglicht eine individuelle, patientenorientierte und bestmögliche Behandlung im „real life setting“. In strukturierten Einzel- und Gruppenschulungen werden alle wesentlichen Inhalte vermittelt: Diagnostik, Pathophysiologie, moderne Messmöglichkeiten der Glukose in Blut und Gewebe, Basistherapie und medikamentöse Therapie sowie Diagnostik, Therapie und Prävention von Folgeerkrankungen. Die erworbenen Kenntnisse können sofort im Alltag umgesetzt und auf ihre Validität überprüft werden. Dabei ist entscheidend, dass der Therapeut nach ausführlicher Anamnese und Erfassung der Gesamtsituation des Patienten, verschiedene therapeutische Optionen anbietet und Patient und Arzt entscheiden, welcher Weg gemeinsam gegangen wird. Regelmäßige Therapieanpassungen werden bedarfsgerecht vorgenommen.
Disease-Management-Programme
Bei den sogenannten Disease-Management-Programmen (DMP) im Bereich der GKV handelt es sich um strukturierte Behandlungsprogramme für chronisch kranke Menschen basierend auf den Erkenntnissen der evidenzbasierten Medizin. Ziel ist es, bestehende Versorgungsdefizite abzubauen und Qualität und Wirtschaftlichkeit der Versorgung zu verbessern. Dies soll nicht nur durch Koordination eines Praxisteams, durch Förderung der Kooperation aller Beteiligten und durch differenzierte Therapieplanung unter Einbeziehung der Erkrankten erreicht werden, sondern auch durch leitliniengerechte nicht-medikamentöse und medikamentöse Behandlung sowie durch Stärkung der Selbstmanagement-Fähigkeiten mittels strukturierter Schulungen. Die erfassten Daten werden regelmäßig elektronisch dokumentiert, evaluiert und in Qualitätsberichten publiziert. Die Anforderungen werden vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) als Richtlinie erlassen und regional in Verträgen zwischen gesetzlichen Krankenkassen und kassenärztlichen Vereinigungen umgesetzt. Bereits im Juni 2002 wurde das DMP- Diabetes mellitus Typ 2 implementiert.
Aus Sicht des ambulant tätigen Diabetologen stellt das DMP-Diabetes insgesamt eine Erfolgsgeschichte dar. Die klaren Strukturen werden von den Patienten nicht nur angenommen, sondern als hilfreich und zielführend empfunden. Die Dokumentation der Ergebnisse im Diabetespass der Deutschen Diabetes-Gesellschaft (DDG) erlauben eine Übersicht über Qualität und Verlauf der Behandlung und die durchgeführten Untersuchungen.
Vergleichbare Strukturen fehlen im Bereich der PKV. Dies führt in der Folge zu einer qualitativ deutlich schlechteren Behandlung, da klare Vorgaben fehlen und die Patienten den Behandler deutlich seltener und unregelmäßiger aufsuchen.
Diabetologie im kontinuierlichen Wandel
Die Diabetologie hat sich in den letzten 20 Jahren grundlegend geändert. Zum einen führt die Möglichkeit der kontinuierlichen Glukosemessung im Gewebe zu einer Echtzeitdarstellung (real time continous glucose monitoring = rtCGM) der Glukosefluktuationen. Diese Entwicklung kann ohne Übertreibung als Meilenstein bezeichnet werden. Nachdem man viele Jahrzehnte nur über einen Stich in Finger oder Ohrläppchen Auskunft über die aktuelle Glukose im Blut erhalten konnte, besteht nun die Möglichkeit, die wirklichen Fluktuationen der Glukose darstellen zu können. Vom Punkt zur Kurve, von willkürlichen Einzelmessungen zum Abbild der Realität. Patienten werden in die Lage versetzt, die unmittelbaren und verzögerten Auswirkungen von Nahrung, Bewegung, Stress und anderen Faktoren auf die Glukose nachvollziehen zu können. Dies ermöglicht bei entsprechend intensiver Beratung durch den Diabetologen eine patientenindividuelle und bestmögliche Therapieanpassung.
Auf der anderen Seite besteht aufgrund neuer medikamentöser Therapieoptionen seit einigen Jahren die Möglichkeit, bei entsprechender Risikokonstellation nicht nur die Glukose zu verbessern und damit mikrovaskuläre Komplikationen zu verringern (Augen-, Nieren- und Nervenschäden), sondern auch das Leben der Patienten zu verlängern (Verringerung von Herzinfarkt, Herzschwäche, Nierenversagen und Tod). Hier sind die Gliflozine und GLP 1-Analoga zu nennen, die auch Eingang in die aktualisierte nationale Versorgungsleitlinie zum Diabetes mellitus Typ 2 (2. Auflage, Version 1, AWMF-Register-Nr. nvl-001, 2021) Eingang gefunden haben.
Schließlich drängen immer neue Produkte auf den Markt, die die rtCGM mit der Insulinpumpentherapie als sogenannte Hybrid closed loop Systeme verbinden.
Zusammenfassend nimmt die Komplexität von Diagnostik und Therapie im Bereich des Diabetes mellitus stetig zu und erfordert neben kontinuierlicher Weiterbildung ein hochspezialisiertes Diabetesteam (Arzt und Diabetesberatung), um Patienten bestmöglich auf höchstem Niveau und nach neuesten Therapiestandards behandeln zu können. Die Qualifikation des beratenden Personals ist hoch, die Gehaltsforderungen ebenso. Letztendlich liegt aber die Entscheidung über die Art von Diagnostik, Therapie und Therapieanpassung in der Hand und Verantwortung des Diabetologen. Nur bei einer adäquaten Honorierung ist die Aufrechterhaltung dieses hohen Standards möglich.
Honorierung GKV
In den Bundesländern bestehen sehr unterschiedliche Honorierungen der diabetologischen Expertise. Dies ist erklärbar durch die föderalen Strukturen und abhängig von der jeweiligen Zusammenarbeit von Diabetologen, KV und GKV. Neben der Honorierung über EBM und DMP werden auf regionaler Ebene in intensiven Verhandlungen Möglichkeiten der Bezahlung besonderer Beratungsleistungen diskutiert und vereinbart (z. B. Diabetesvereinbarung in Bayern). Als Vorstandsmitglied im Berufsverband der niedergelassenen Diabetologen in Bayern (bndb) seit 2009 konnte ich im Sinne einer bestmöglichen Patientenversorgung zur Einführung neuer spezifischer Leistungen beitragen.
Die oben dargelegte Einführung des rtCGM stellte nicht nur Patienten vor große Herausforderungen. So legten auch die Therapeuten eine enorme Lernkurve hin, um die Fülle der erhaltenen Daten erfassen und in Therapieempfehlungen umsetzen zu können. Die alleinige kontinuierliche Glukosemessung führte mitnichten automatisch zu verbesserten Glukosewerten. Wiederholte, individuelle Einzelanpassungen waren erforderlich, um die Möglichkeiten des neuen Messsystems nutzen zu können. Diese immer mehr Raum einnehmenden Einzelberatungen wurden bis dato nicht honoriert.
Telemedizinprojekt
In einem Zeitraum von sechs Monaten wurde vom bndb mit Unterstützung des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege und in Zusammenarbeit mit der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) ein telemedizinisches Versorgungsforschungsprojekt in Bayern durchgeführt. Untersucht wurde, inwieweit durch telemedizinische, intensive Beratung unter Einsatz eines Systems zur kontinuierlichen Glukosemessung im Gewebe (FreeStyle Libre, Abbott GmbH) bei Patienten mit Typ 1- und Typ 2-Diabetes unter intensivierter Insulintherapie oder Insulinpumpentherapie eine Verbesserung der Glukoseeinstellung erzielt werden kann. Darüber hinaus wurden die Umsetzbarkeit im Praxis-Alltag, Aufwand und Kosten bewertet.
In das Projekt eingeschlossen wurden 93 Patienten mit unzureichender Glukosekontrolle (HbAIC > 7,5%). Es zeigte sich eine signifikante Verbesserung der Glukoseeinstellung ohne Gewichtszunahme sowie ein signifikanter Anstieg der Therapiezufriedenheit. Von Patienten und Ärzten wurde die telemedizinische Beratung positiv bewertet. Darüber hinaus war sie kosteneffizient. Nach Publikation der Ergebnisse (Versorgungsoptimierung von Menschen mit Diabetes mellitus mit iscCGM unter Einsatz von Telemedizin, C. Neumann et al, Diabetes, Stoffwechsel und Herz, Band 30, 3/2021) konnte im Juli 2021 mit den gesetzlichen Krankenkassen (GKV) in Bayern eine entsprechende Leistung in Form eines extrabudgetär vergüteten telemedizinischen Gesundheitscoachings erstmalig in Deutschland auf den Weg gebracht werden. Die Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung von Versorgungsforschungsprojekten, die neue Beratungsmöglichkeiten mit innovativen Produkten im Sinne einer Verbesserung der Patientenbetreuung untersuchen. Gerade in Zeiten der Pandemie zeigte dieses Projekt, dass qualitativ hochwertige Betreuung durch Diabetologen auch telemedizinisch erfolgreich ist. Die Honorierung der diabetologischen Expertise führt zu einer optimalen Therapiemöglichkeit nach neuesten Standards.
Honorierung PKV
Im Bereich der PKV sieht die Situation deprimierend aus. Die Volkskrankheit Nummer 1 wird hier praktisch nicht wahrgenommen. So existieren weder Ziffern für die exzellenten Beratungsleistungen der Diabetologen noch dem GKV-System vergleichbare Leistungen bezüglich spezifischer Therapieoptionen (z. B. Ersteinstellung auf die intensivierte Insulintherapie, besondere Honorierung für die Beratung in der Schwangerschaft, Behandlung des diabetischen Fußsyndroms, telemedizinische Beratung). Auch die seit Jahrzenten erfolgreich durchgeführten, strukturierten Diabetesschulungen sind unterbezahlt.
Während sich die GKV offen für neue Leistungen bei entsprechendem Qualitätsnachweis zeigen und in die Praxis umsetzen, tut sich auf dem privaten Sektor nichts. Die neue GOÄ erwarten wir seit vielen Jahren vergebens. Auch ein Besuch des bndb-Vorstands bei der PKV in Köln führte bedauerlicherweise zu keiner Veränderung. Die Ergebnisse des telemedizinischen Projektes wurden der PKV zugesandt.
Zusammenfassung
Zusammenfassend lässt sich festhalten: Das GKV-System hat sich mit den föderalen Strukturen im Sinne einer modernen und bestmöglichen Betreuung von Patienten mit Diabetes mellitus bewährt und gut aufgestellt. Das PKV-System bietet weder klare Strukturen wie die Disease Management Programme, noch wird die Expertise von Diabetologen überhaupt zur Kenntnis genommen. Das Überleben einer Diabetespraxis mit alleiniger Betreuung von Privatpatienten ist unmöglich! So werden die PKV-Versicherten seit vielen Jahren mangelversorgt, ohne sich dessen bewusst zu sein. Anregungen seitens der PKV, Patienten mit Diabetes von Hausärzten in spezialisierte Diabetes-Ambulanzen zu überweisen, fehlen. Hier muss dringend Abhilfe geschaffen werden, um auch privat Versicherten Zugang zu einer optimalen Diabetestherapie zu ermöglichen. Eine adäquate Honorierung der Diabetologen sollte so rasch wie möglich implementiert werden.
Dr. med. Christoph Neumann
Internist, Diabetologe
Diabeteszentrum Neumann+Zschau München
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Die Aktualisierung erfolgte am 04.11.2021.
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